Nach der jüngsten Serie von vier Spielen ohne Punktverlust haben sich die Binder Blaubären Flacht in der Spitzengruppe von Deutschlands zweithöchster Spielklasse festgebissen. Aus dem Underdog der Vorsaison ist ein Kampfhund geworden, der zuletzt auch auswärts für Angst und Schrecken sorgte. Und der nun im Topspiel von einer der besten Mannschaften der Vorsaison herausgefordert wird.
Blaubären stellen die Tabelle auf den Kopf
Flacht ist in der 2. Bundesliga Frauen Pro das Team der Stunde. Zuletzt gewann die Mannschaft aus dem Heckengäu vier Spiele in Folge, darunter dreimal auch in der Fremde. Vor ihrem 20. Spiel grüßen die Blaubären vom dritten Tabellenplatz. Eine Position, die angesichts des Fast-Abstiegs in der Vorsaison mehr als beachtlich ist. Während der TSV Flacht am Saisonende nur den elften Rang belegte, ging der dritte Platz an den Rhein, die Mannschaft der Deutschen Sport-Hochschule (DSHS) SnowTrex Köln holte sich den Platz auf dem Treppchen. Eben jene Kölner wollen den Flachter Blaubären jetzt Platz drei wieder abjagen.
Ein enges Duell
Die Domstädter, vor der Saison als Kandidat auf den Titel gehandelt, zählen auch in dieser Spielzeit zu den besten Teams der Liga. 12 von 19 gespielten Partien konnte das Team um Top-Spielerin Annika Stenchly (Zuspiel) gewinnen, nur eines weniger als die Blaubären. Der Flachter Vorsprung von zwei Zählern könnte sich je nach Ergebnis deutlich verändern, auf einen schrumpfen oder auf satte fünf anwachsen. Köln will den dritten Rang von den Blaubären zurückerobern und gleichzeitig Revanche für die Hinspielniederlage nehmen. Am 16. November schossen die TSV-Damen den Gast aus dem Rheinland mit einem überraschend deutlichen 3:1 aus der heimischen Bärenhöhle. Überraschend vor allem, weil Köln beide Duelle in der Vorsaison noch mit 3:0 gewann. Doch die Deutlichkeit der Ergebnisse täuschte damals über die Augenhöhe hinweg. Flacht war keineswegs chancenlos, holte nur in einem der sechs gespielten Sätze weniger als 20 Punkte und musste sich in drei Sätzen erst in der Verlängerung geschlagen geben. Auch im Hinspiel fielen die Kölner keinesfalls so sehr ab, wie es das Ergebnis vermuten lässt. Das Spiel um Platz drei verspricht, ein absolutes Top-Spiel zu werden.
Selber Ort, selbe Zeit? Nicht ganz
In der vergangenen Spielzeit sprach man in Flacht auch vom „Karnevals-Duell“. Das Hinspiel in der Karnevals-Metropole am Rhein fiel ausgerechnet auf den 11. November, den offiziellen Beginn der fünften Jahreszeit. Zwei Tage vor Rosenmontag reisten die Kölner zum Rückspiel ins Heckengäu. Entsprechend gute Stimmung herrschte um die beiden Spiele. In der aktuellen Saison kam es fünf Tage nach dem Auftakt in die bunte Jecken-Zeit zum ersten Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften. Der Zeitraum zwischen Rückspiel und Rosenmontag beträgt in diesem Jahr ganze neun Tage, das Karnevals-Duell hat nicht mehr denselben Anstrich des Vorjahres, verspricht aber dennoch, spannend zu werden. Spannend wird auch, dass die Begegnung nicht in der Sporthalle in Müngersdorf stattfinden wird. Bauarbeiten an der deutschen Sporthochschule zwingen SnowTrex Köln zum Ausweichen. Der neue Spielort hat durchaus in sich. Denn die Gastgeber verlassen nicht nur ihre Halle, sondern gleich die ganze Stadt. Das Duell mit den Blaubären findet 15 Kilometer entfernt in der Ostermann-Arena statt, der Heimspielstätte von Liga-Rivale Bayer Leverkusen. Die BayerVolleys spielen am Abend gegen Grimma, vorher nutzt Köln die knapp 3.000 Zuschauern Platz bietende Halle. Das Spiel Dritter gegen Vierter in der größten Spielhalle der 2. Bundesliga Pro. In jeglicher Hinsicht wird die Begegnung DAS Topspiel des kommenden Spieltags.
Trainer sieht packendes Duell kommen – Teso greift wieder an
Das sieht auch Blaubären-Trainer Nico Reinecke so, der Köln als „ganz schweren Gegner“ betitelt und klarstellt, dass sich seine Mannschaft im Rheinland gut verkaufen müsse. „Vielleicht ist es ein kleiner Vorteil, dass wir nicht in ihrer Heimhalle spielen, wobei ich das auch nicht überbewerten möchte“ ordnet der Trainer den erzwungenen Umzug ein. „Wir freuen uns aber auf dieses Duell, das haben wir uns erarbeitet, gehen da sogar, wenn man so will, rein tabellarisch als Favorit rein, weil wir zwei Punkte mehr haben“, führte Reinecke weiter aus. Für das Spiel erwartet der Coach „einen Kampf auf beiden Seiten“ und spricht auch die Motivationen beider Mannschaften an: „Da sind beide Mannschaften glaube ich bis in die Haarspitzen motiviert, wir können unseren Abstand weiter ausbauen, auf vermeintliche fünf Punkte, wenn es nicht zu Punkteteilung kommt und auf der anderen Seite kann Köln etwas dafür tun, um den Platz wieder zurückzubekommen und das ist natürlich im direkten Duell am besten“. Klar ist also, dass man den Gegner in Flacht trotz der eigenen vermeintlichen Favoritenrolle keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen wird. „Ich glaube, wir sind ganz gut vorbereitet auf die speziellen Dinge, was Köln angeht“, ließ Trainer Reinecke vor der Partie wissen. Auch die Tagesform spiele für das Duell eine Rolle, er freue sich auf das anstehende Spitzenspiel. Eine weitere gewichtige Rolle dürfte auch das Zuspiel innehaben. Während auf Kölner Seite Superstar Annika Stenchly bereits mit acht MVP-Medaillen (4x Gold / 4x Silber), befindet sich Blaubären-Spielmacherin Saskia Lenk seit Wochen in Topform. Dazu kehrt mit Julie Teso eine weitere Zuspielerin der Spitzenklasse gegen die DSHS in den Kader zurück. Die vierfache MVP des TSV Flacht betonte mit Blick auf den Erfolg im Hinspiel, wie wichtig es für ihre Mannschaft sei, “dass wir wissen, dass wir gegen Köln auf jeden Fall gewinnen können”. Sie selbst brenne darauf, nach den zuletzt drei verpassten Spielen endlich wieder angreifen respektive zuspielen zu können. “Wir haben auch alle echt Bock auf das Spiel am Wochenende, dass wir da auf jeden Fall die Punkte holen”, bekräftigt die luxemburgische Nationalspielerin. Auch sie erwartet ein enges Duell mit den Domstädtern: “Ich denke auch, dass es ein spannendes Spiel sein wird, weil Köln direkt hinter uns ist und wer das Spiel gewinnt, ist dann vorläufig auch Dritter. Deswegen glaube ich, ist da auch richtig viel Spannung im Spiel. Aber wir wollen auf jeden Fall bei uns bleiben, unser Spiel gut machen und dann bin ich mir auch ziemlich sicher, dass wir gegen Köln nochmal drei Punkte holen können”, gibt sich die Rückkehrerin optimistisch.
Tabelle weiterhin eng
Wie bereits erwähnt, kann der Sieger Platz drei übernehmen oder festigen. Während sich Flacht und Köln um das Treppchen duellieren, ist die Konkurrenz nur teilweise nicht untätig. Für NawaRO Straubing, Kölns direkten Verfolger, ist an diesem Wochenende spielfrei angesagt. Die Bayern laufen damit Gefahr, ihren Drei-Punkte-Vorsprung auf Bayer Leverkusen zu verspielen. Diese haben am Samstagabend die Chance, in der heimischen Halle ihre Ansprüche auf einen Platz in den oberen Regionen zu untermauern. Flacht hat also die Möglichkeit, Köln zu distanzieren und gleichzeitig Leverkusen zu zeigen, dass für einen Spitzenplatz in der 2. Bundesliga Pro kein Weg an den Binder Blaubären vorbei führt.
Wir wünschen unserem Team eine gute Reise und viel Erfolg im Topspiel!
Text: Flemming Nave
Foto: Gerhard Heermann