Die Binder Blaubären Flacht spielten ein hochklassiges Topspiel in der Ostermann-Arena, agierte mit SnowTrex Köln auf Augenhöhe. Am Ende kippte die Begegnung zugunsten der Gastgeber, dennoch kann Flacht seinen dritten Platz verteidigen.
Kampf um Platz drei
50 Zuschauer hatten sich in der Ostermann-Arena Leverkusen eingefunden. Die größte Spielhalle der 2. Bundesliga Pro, mit einer durchschnittlichen Spieltags-Auslastung von 10 % die am schlechtesten besuchte Halle der Liga, erlebte in dieser Hinsicht einen neuen Tiefpunkt. Bislang war dies in der laufenden Saison das Spiel zwischen den BayerVolleys Leverkusen und den Allbau Volleys Essen gewesen, das sich 200 Zuschauer ansahen. Zur Verteidigung muss man anfügen, dass am Samstagnachmittag kein Heimspiel der eigentlichen Hausdamen stattfand. Bauarbeiten an der Deutschen Sporthochschule Köln zwangen die dort ansässige Mannschaft von SnowTrex Köln zum Ausweichen, die Wahl des Spielortes fiel auf das benachbarte Leverkusen. Hier empfingen die Kölner einen Gast, der im letzten Jahr noch Jäger, in diesem Jahr viel mehr Gejagter war. Die Binder Blaubären Flacht gingen als Tabellendritter in das Duell mit dem Viertplatzierten aus der Domstadt, es war das Topspiel des jüngsten Spieltags. Für die Blaubären galt es, den Vorsprung auf Köln weiter auszubauen, Köln strebte eine Wachablösung auf dem dritten Platz an. Alles schien angerichtet für ein absolutes Spitzenspiel.
Erneut Fehlstart für die Blaubären
Eine alte ungeliebte Tradition der Binder Blaubären stellen vergebene erste Sätze dar, zu oft schon schenkten die Flachter den ersten Durchgang einer Partie her. Auch dieses Mal sollte der Gegner den besseren Start erwischen. Köln übernahm früh die Führung und hielt die Blaubären konsequent auf Distanz. Zu Beginn schaffte es die Mannschaft von Trainer Jimmy Czimek jedoch nicht, sich allzu weit zu distanzieren, trotz des vermeintlich schwachen Beginn blieben die Blaubären in Schlagdistanz. Erst spät konnte SnowTrex Köln sich absetzen, nach dem ersten vergebenen Satzball schlug das Team aus der Domstadt schließlich doch in Form der ungewohnt nicht auf der Libero-Position eingesetzten Melanie Gosmann zu und sicherte sich mit 25:21 den ersten Satzgewinn.
Flacht dreht das Spiel
Auch in den zweiten Satz fand Köln den besseren Start, es dauerte bis zum 12:11 für die Blaubären, bis der Gast erstmals die Führung übernahm. Diese sollten die TSV-Damen nicht mehr aus der Hand geben. Flacht setzte sich deutlich ab und profitierte beim ersten Satzball von einem Missverständnis auf Kölner Seite, der zum Satzgewinn mit 25:17 für die Blaubären führte. Im dritten Satz ging das Spiel zweier ebenbürtiger Kontrahenten weiter, Köln hielt weiterhin stark mit und konnte lange eine eigene Führung verteidigen. Nachdem die Mannschaft der Sporthochschule mit 20:17 in Front gegangen war, konnte Hanne Binkau die Blaubären mit einer Serie starker Aufschläge zurück ins Spiel bringen. Nach einer langen Rallye nutze Flachts Kapitänin Julia Cedeño den ersten Satzball und sicherte Flacht den zweiten Satzgewinn. Mit einem Punkt in der Tasche schickten sich die Gäste nun an, die vollen drei Zähler einzufahren.
Kölner Endspurt entscheidet
Satz vier zeigte ein gewohntes Bild. Köln legte früh vor, aber die Blaubären zeigten deutlich, dass sie kein leichter Gegner für die SnowTrex-Mannschaft sind. Der TSV Flacht drehte den Satz und spielte sich selbst in Führung. Doch Köln gab sich nicht auf und warf alles in die Waagschale. Mit 22:22 konnten die Gastgeber ausgleichen und sich schließlich mit 25:23 den Satzgewinn sichern, der die Blaubären in den Tiebreak zwang. Dieser begann diesmal besser für den TSV, beim Seitenwechsel lagen die Blaubären knapp in Front. In der Spätphase setze Flacht sich mit 13:9 ab, alles deutete auf einen Erfolg für die Gäste aus dem Süden hin. Doch wieder waren die Kölner zum richtigen Zeitpunkt hellwach und drehten das Spiel mit einer starken Aufschlagserie von Melanie Gosmann zu den eigenen Gunsten um. Am Ende gewannen die Kölner den Tiebreak mit 15:13 und gingen in einer engen Partie als knapper Sieger vom Feld.
MVP-Premiere beim TSV
Die Wahl der MVP brachte für die Blaubären eine echte Premiere. Zum ersten Mal ging die Auszeichnung an Hanne Binkau. Für den Sommerneuzugang, der vom ETV Hamburg ins Heckengäu gekommen war, stellt die Medaille nicht nur die erste im Flachter Trikot dar, sondern auch ihre erste in der 2. Bundesliga Pro. Erstmals in ihrer Zweitliga-Laufbahn wurde sie mit der Silbermedaille ausgezeichnet, in den Spielzeiten 2022/23 und 2020/21 hatte sie für den ETV Hamburg jeweils drei Goldmedaillen gewonnen. Die 26-Jährige wusste wie gewohnt zu überzeugen. Selten spektakulär, aber immer sicher und besonders spielintelligent waren ihre passgenau platzierten Angriffe und ihre Punktgewinne unter Ausnutzung des gegnerischen Blocks für Köln kaum zu bändigen. Kein einziger ihrer 44 Angriffe wurde von den Domstädtern geblockt, dafür konnte sie selbst zwei gegnerische Angriffe im Block unterbinden. Mit 17 erzielten Punkten war sie gemeinsam mit Mannschaftskapitänin Julia Cedeño die zweitbeste Punktesammlerin der Binder Blaubären. Besonders beeindruckend waren auch ihre vier Asse, zudem stellte Binkau die besten Annahmewerte im Team (38 % positiv, 12 % perfekt) und trug auch damit zu einem starken Spiel ihrer Blaubären bei. Flachts Nordlicht sah vor allem ein ausgeglichenes Spiel, dass durch starke Abwehraktionen geprägt gewesen sei, gab sie in knapper norddeutscher Manier an. Sie freue sich über die Auszeichnung, wenngleich ihr mehr Punkte lieber gewesen seien, ergänzte sie.
Coach hadert mit Ergebnis
Für Trainer Nico Reinecke war vor allem die gute Abwehrleistung ein wichtiges Kriterium für das starke Auftreten seiner Mannschaft. Besonders stolz war der Trainer auf den Umstand, dass sein Team die gefährliche Spezialtaktik der Kölner, mit einem hohen Ball über die Mitte anzugreifen, weitestgehend kalt stellen konnte. Während Kölns Mittelblock im Saisonverlauf durchschnittlich 25 Punkte pro Spiel erzielen konnte, lag die Abteilung um Chiara Claassen, Hannah Mörke und vor allem Franziska Kalde und Kapitänin Viola Torliene am Samstag mit 23 Punkten knapp darunter. Reinecke betonte, man habe diesen besonderen Spielzug gut im Griff gehabt. Er bemängelte jedoch, dass die Vorsprünge, die sich sein Team in den entscheidenden letzten Sätzen verdiente, nicht ins Ziel gebracht wurden. Man habe laut seiner Einordnung zu sehr auf Fehler der Kölner gehofft, anstatt den Punkt selbst machen zu wollen. Im gesamten Spielverlauf konnte Flacht in 38 Fällen Kapital aus gegnerischen Fehlern schlagen, fünfmal mehr als die Gegner. „Am Ende hat die Mannschaft gewonnen, die zum richtigen Zeitpunkt aufgedreht hat“, konstatierte der Cheftrainer der Blaubären und verwies auf die starken Schlussphasen der Kölner. „Wir nehmen aus der Niederlage mit, dass wir absolut auf Augenhöhe sind, aber vor allem bis zum Satzende spielen müssen, um uns auch dafür zu belohnen“, fügte Reinecke an und unterstrich die große Qualität seines Teams. Aufgrund der verpassten Möglichkeiten, erst drei und später zwei Zähler ins heimische Heckengäu mitzunehmen, sei man nach dem Spiel natürlich etwas enttäuscht gewesen, erklärte er weiter. „Aber so ist Sport – wir lernen daraus für die kommenden Spiele“, gab er sich schlussendlich positiv.
Flacht wehrt Kölner Angriff ab
Flacht hat das Spitzenspiel verloren, nicht aber den dritten Tabellenplatz. Zwar sind die Kölner auf nun einen Zähler an die Blaubären herangerückt, doch noch immer bleibt der TSV auf dem Platz drei. Unterhalb der Top vier kommt Bewegung in die Tabelle. Mit einem glatten 3:0-Heimsieg über die ESA Grimma Volleys schließt Leverkusen punktgleich mit NawaRo Straubing auf. Durch das bessere Satzverhältnis von +12 gegenüber den Bayern mit +9 verdrängen die Rheinländer den Konkurrenten auf Rang sechs. Mit zwei Spielen weniger als NawaRo ist Leverkusen in der deutlich besseren Ausgangsposition und hat weiterhin Chancen, noch höher anzuklopfen. Hinter den Straubingern lauern Hamburg mit zwei und Oythe mit drei Zählern Rückstand auf die Gäubodenstädter. Flacht bleibt weiter im Soll des von Nico Reinecke öffentlich erklärten und nach oben korrigierten Saisonziels, die Saison unter den Top fünf abzuschließen. Vor dem Auswärtsspiel in Dingolfing setzen die Blaubären ein Wochenende aus. Spielfrei wird es jedoch nicht bleiben, am Mittwoch geht es für Reineckes Team zum Halbfinale des VLW-Pokals nach Rottenburg.
Wir sind stolz auf unsere Blaubären für die starke Leistung im Spitzenspiel und drücken die Daumen für das Pokal-Halbfinale!
Text: Flemming Nave
Foto: Florian Zons