Die Binder Blaubären Flacht haben den nächsten atemberaubenden Heimsieg eingefahren.
In der nahezu ausverkauften Heckengäusporthalle hat die Mannschaft von Nico Reinecke in einem 5-Satz-Spiel gegen den direkten Verfolger BayerVolleys Leverkusen einen wichtigen Sieg im Rennen um die besten Plätze erzielt. Nach einem langen Hin und Her hatten die Flachter Damen am Ende die klarere Siegesmoral und setzten sich in einem umkämpften Spiel als Sieger durch.
Gäste mit Schwierigkeiten
Leverkusen hatte lange Zeit den Stempel des schlafenden Riesen anhaften. Man mischte stark im Rennen um die oberen Plätze mit, hatte aber erheblich weniger Spiele absolviert als die Konkurrenz. Man rechnete mit einer starken Aufholjagd der BayerVolleys. In den letzten Wochen holten die Leverkusener den Rückstand an Spielen wieder ein Stück weit auf, derzeit hat man nur noch ein Spiel weniger gespielt als die ärgsten Konkurrenten aus Köln und Flacht. Doch das Aufholen hätte man sich in Leverkusen sicher anders vorgestellt. Zwar gelangen in den ersten zwei Spielen nach dem Jahreswechsel mit einem knappen Erfolg in Köln und einem Punktgewinn gegen Spitzenreiter Borken wichtige Achtungserfolge. Neben Pflichtsiegen gegen Essen und Berlin leistete man sich aber ebenfalls grobe Ausrutscher wie die deutlichen Pleiten gegen Hamburg oder Dingolfing. Mit einer krachenden Niederlage bei den Roten Raben Vilsbiburg im Rücken reisten die BayerVolleys ins Flachter Heckengäu, doch schon die Anfahrt stellte den Gast vor Probleme, aufgrund einer verspäteten Ankunft musste die Begegnung in Flacht mit 15 Minuten Verzug beginnen. Der Stimmung in der Halle tat dies jedoch keinen Abbruch. Unter den Augen von Bürgermeister Jens Millow hatten sich 408 Zuschauer in der Bärenhöhle eingefunden, um ihrer Mannschaft bei der herausfordernden Partie beizustehen. Nach zwei ausverkauften Heimspielen gelang den Blaubären auch dieses Mal eine beeindruckende Auslastung. Alles war angerichtet für ein absolutes Spitzenspiel, was den Fans in der Folge auch geboten wurde.
Flacht lässt keinen Fehlstart zu
In der Vorsaison gaben die Blaubären den ersten Satz noch gegen Leverkusen aus der Hand, bevor man das Spiel anschließend drehte. Eine unschmeichelhafte Tradition in der Zweitligahistorie der Binder Blaubären. Bis vor der Begegnung am Samstagabend hatten die Flachter Damen 23 Heimspiele in der 2. Bundesliga Pro absolviert, in 15 davon hatte der Gast den ersten Satz für sich entschieden. Vor allem in der Vorsaison war diese Statistik mit neun verlorenen Auftaktsätzen in zwölf Heimspielen besonders düster. Doch die Statistik zeigt, dass auch die Blaubären nicht jeden Satz zum Beginn verlieren, wenngleich die BayerVolleys dieses Mal ebenfalls besser ins Spiel fanden als die Hausdamen. Die Blaubären ließen den Gast jedoch nicht davonziehen und schafften mit dem 9:8 den Turnaround. Der anfängliche Widerstand der Leverkusener schien gebrochen, Flacht zog weiter davon und baute den Vorsprung aus. Die wuchtigen Angriffe von Frauke Neuhaus und die klug platzierten Bälle von Hanne Binkau waren für die BayerVolleys kaum zu verteidigen, zudem leistete sich der Gast sieben eigene Fehler und scheiterte viermal am starken Block der Blaubären um Britta Schammer (drei Blockpunkte im ganzen Spiel) und Hanne Binkau (vier). Leverkusens Trainer Dirk Sauermann zog beim Stand von 8:12 und 12:18 für seine Mannschaft jeweils die Auszeit, konnte das Spiel damit jedoch nicht beeinflussen. Am Ende war der Vorsprung so klar, dass Flacht drei Satzbälle verschenkte, bevor Betty Lange den nächsten Aufschlag über das Feld hinaus schickte und auf 25:19 für die Gastgeber stellte. Damit war der erste Satz entschieden und die Binder Blaubären hatten dem Fluch getrotzt. Alle Zeichen für einen erfolgreichen Abend waren gestellt.
BayerVolleys drehen das Spiel
Der zweite Satz begann ähnlich zum ersten, wieder hatte Leverkusen früh die Überhand. Dieses Mal sollten die BayerVolleys das Ganze auch ins Ziel bringen, denn die Blaubären hatten nachgelassen. Neun Eigenfehler und drei kassierte Blockpunkte sprachen in diesem Satz eine deutliche Sprache, Leverkusen holte den Sieg in Satz zwei mit 25:15 und war nun deutlich besser in der Partie. Im dritten Satz schwankte das Momentum stark von einer Seite zur anderen, beide Teams konnten sich in Führung spielen. Am Schluss stand mit 25:18 erneut der Satzgewinn für Leverkusen, die damit auf 2:1 stellen konnten. Einen Punkt hatte sich Bayer damit schon erarbeitet und war jetzt in der Position, nach den drei Punkten zu greifen.
Flucht nach vorn – Flacht holt sich den Tiebreak
Doch diesem Vorhaben der Gäste stemmten sich die Flachter Blaubären ganz entschieden entgegen. Zwar holte der Gegner den ersten Zähler im vorentscheidenden Durchgang, doch davon ließ sich Nico Reineckes Team keinesfalls entmutigen. Auch als man das Spiel gedreht hatte und sich die Leverkusener erneut zurückmeldeten, hielt die Moral der Blaubären stand. Der Satz blieb lange hart umkämpft, doch am Ende zogen die Blaubären davon. Nico Reinecke nahm beim Stand von 19:16 eine Auszeit, es folgten prompt zwei Zähler für den TSV Flacht. Für Leverkusen gab es im vierten Satz nur einen letzten Punkt zu holen. Julie Teso beendete den Satz mit drei starken Aufschlägen, die Zuspielerin schaffte mit insgesamt vier Assen den besten Wert des Spiels. Die Binder Blaubären glichen zum 2:2 aus, somit musst die Entscheidung also im Tiebreak fallen.
Kapitänin führt die Blaubären zum Sieg
Abermals erwischten die Gäste den besseren Beginn in die Begegnung, Nico Reinecke nahm seine erste Auszeit beim Rückstand von 0:3. Was folgte, war der erste Punkt für die Blaubären durch einen klug über den Block gelupften Ball von Hanne Binkau. Leverkusen holte sich den 3-Punkte-Vorsprung zurück, doch in der mittlerweile tobenden Bärenhöhle bestanden nun kaum mehr Zweifel, dass die heimstarken Blaubären im zwölften Heimspiel der Saison ihren achten Triumph einfahren würden. Erst spät stellten sich die Weichen für den Heimsieg, Leverkusen lag kurz vor Schluss noch mit 12:10 in Front. Den Ausgleich zum 12:12 markierte Frauke Neuhaus per Ass, die gesamte Halle bebte. In dieser Phase des Spiels hielt es keinen der anwesenden Gäste mehr auf dem Sitz, alle fieberten mit den Blaubären auf dem Feld. Der goldene Schluss gebührte der Kapitänin. Julia Cedeño erzielte die letzten drei Zähler für ihre Blaubären, der finale verwandelte Ball löste alle Anspannungen. Flacht hatte den harten Kampf für sich entschieden, in der Heckengäusporthalle kannte der Jubel keine Grenzen mehr.
Spielführerin erklärt den Turnaround
Die bärenstarke Julia Cedeño wurde von Gästetrainer Dirk Sauermann zur besten Spielerin der Partie gewählt. Nach dem Erfolg in Dingolfing vor zwei Wochen ist es ihre zweite Goldmedaille in der aktuellen Spielzeit. Die 27-Jährige holte mit 19 Punkten die meisten aller Spielerinnen im Spiel und trug vor allem in der Schlussphase maßgeblich dazu bei, dass Flacht das Spiel noch drehen konnte. Nachdem sie bereits im Vorfeld der Begegnung ein „sehr kämpferisches Spiel“ erwartet hatte, beschrieb sie die Partie im Nachgang als „sehr anstrengend“. Weiter führte die Kapitänin im Interview bei dyn Volleyball aus: „Wir mussten wirklich alles reinlegen. Leverkusen ist ein super gutes Team, auch sehr konstant. Sie können über jede Position gut angreifen, da mussten wir schon ordentlich dagegen halten, damit wir das jetzt gewinnen konnten.“ Angesprochen auf den späten Zeitpunkt, zu dem das Spiel gedreht werden konnte, erklärte sie: „Ich glaube, wir haben einfach gemerkt, wenn wir es nicht selber hinkriegen, wird uns keiner helfen, das Spiel zu gewinnen. Ich denke, wir haben dann einfach versucht, Punkt für Punkt zu spielen und mutig anzugreifen und das hat am Ende dann gereicht.“ Nach diesem Kampfsieg geht es für den TSV Flacht weiter im Endspurt der Saison, Cheftrainer Nico Reinecke hat auf seiner persönlichen Abschiedstour auch im Hinblick auf die kommende Premierensaison im deutschen Oberhaus ein klares Ziel. „Wir wollen im Saisonendspurt das veredeln, was wir uns bislang aufgebaut haben. In der zweiten Saison des Bestehens der Mannschaft Dritter oder Vierter zu werden, wäre großartig“, sagte der Coach im Interview mit der Stuttgarter Zeitung.
Binder Blaubären Flacht erobern Platz 3 zurück
Das Wochenende hätte für die Blaubären fast nicht besser laufen können. Abseits des Erfolges gegen einen unmittelbaren Konkurrenten endeten auch die anderen Partien des laufenden Spieltages vielfach mit Ergebnissen, die den Flachtern in die Karten spielen. Schlusslicht Freisen rang dem VfL Oythe, der aus dem Mittelfeld heraus nach den Top 5 greift, einen Zähler ab und bremste den Ansturm der Vechtaer, die damit aktuell fünf Zähler hinter Platz fünf verbleiben. Am Samstagabend drehte der ETV Hamburg, der den Blaubären im Sommer in Liga 1 folgen wird, im Tiebreak das Spiel bei der DSHS SnowTrex Köln und sorgte dafür, dass die Domstädter den Flachtern in der Tabelle nicht enteilen können. Aber bevor die Hamburger, die sich ebenfalls noch Chancen auf eine Platzierung unter den ersten Fünf ausrechnen, den Blaubären zu nah kommen konnten, wurden sie am Sonntag von den Skurios Volleys Borken deutlich in die Schranken gewiesen und mussten das Münsterland punktlos wieder verlassen. Flacht rückt damit nach einer Woche Abwesenheit wieder vor auf Rang drei, hat einen Punkt Vorsprung auf Köln und Leverkusen, die jedoch weiterhin ein Spiel weniger auf dem Konto haben. Das Saisonziel Top 5 könnte im Endspurt noch in einer Top drei Platzierung enden.
Wir gratulieren unseren Binder Blaubären zu diesem erfolgreichen Sieg und drücken die Daumen für den Endspurt!
Text: Flemming Nave
Foto: Gerhard Heermann