Sie kamen mit einem klaren Ziel: die Scharte aus dem Duell in der Vorsaison auswetzen. Dieses Ziel haben die Binder Blaubären am Samstagabend erreicht.
Bei den Allbau Volleys Essen setzte sich die Mannschaft von Nico Reinecke mit 3:2 durch. Dasselbe Ergebnis wie im Vorjahr, dieses Mal jedoch mit dem besseren Ausgang für Flacht. Die junge und auf vielen Schlüsselpositionen neu besetze Mannschaft von Essen-Trainer Marcel Werzinger erwischte den besseren Start in die Partie. Trotz teils deutlichen Führungen mussten sich die Blaubären mit 23:25 und 24:26 am Ende knapp geschlagen geben, sodass Essen bereits nach zwei Sätzen den ersten Punkt in der Tasche hatten. Mit diesen zwei verlorenen Sätzen stand das Team um Kapitänin Julia Cedeño bereits im dritten Satz gehörig unter Druck.
Die Blaubären zeigen eine neue Moral
Wer nun aber dachte, dass die Mannschaft des TSV Flacht, wie so oft in der vergangenen Saison, dem Druck nachgeben und auch den dritten Satz verlieren würden, wurde in der Sporthalle Bergeborbeck eines Besseren belehrt. Mit zwei vergleichsweise deutlich gewonnenen Sätzen (25:17 und 25:19) konnten die Blaubären, die erstmals in den neuen weißen Auswärtstrikots spielten, das Spiel wieder ausgleichen und sich ebenfalls mindestens einen Punkt sichern. Die Entscheidung musste also im Tie Break fallen und Flacht sorgte dafür, dass sie fiel. Mit 15:7 spielten die Mannschaft den letzten Satz souverän herunter und holte sich mit dem 3:2 am Ende zwei verdiente Punkte. Die erfahrenen Flachterinnen waren nach einem holprigen Auftakt deutlich besser im Spiel und zeigten eine reife Leistung und eine Moral, die in der vergangenen Saison längst nicht so selbstverständlich war, wie sie ab der Hälfte der Partie wirkte.
Pauline Kemper hinterlässt Eindruck – Coach Reinecke zufrieden
Wie bereits im Vorjahr erhielt auch dieses Mal die Flachter Außenangreiferin Pauline Kemper die MVP-Medaille auf Seiten von Flacht, dieses Mal allerdings die goldene. Sie wurde im Laufe der Begegnung eingewechselt und konnte dem Geschehen nachhaltig ihren Stempel aufdrücken. Die 26-Jährige konstatierte nach Spielende: „In den ersten beiden Sätzen haben wir nicht durchgezogen.“ Mit Verweis auf die beeindruckende Aufholjagd ihres Teams fügte sie an: „In Satz 3 und 4 sind wir aufgewacht und haben gerade im Aufschlag Druck gemacht und uns im 5. Satz mit dem Sieg belohnt.“ Flachts MVP lobte die starke Teamleistung, mit der die Blaubären einen 0:2 Rückstand noch in ein 3:2 umgebogen bekamen. Ihr Trainer Nico Reinecke schlug in die gleiche Kerbe: „Insgesamt etwas nervöser Beginn und in den ersten beiden Sätzen haben wir jeweils den Satz liegen lassen, wo wir bei einfachen Bällen unnötige Fehler gemacht haben“, haderte der Chefcoach über den misslungenen Start in die Partie, um dann ebenfalls den Ausgang hervorzuheben: „Ab dem dritten Satz konnten wir uns da stabilisieren. Für unser erstes Spiel gut, dass wir nach zwei Sätzen Rückstand zurückkommen konnten. Das wird uns auch Vertrauen in unsere Fähigkeiten geben.“ prognostizierte er mit Ausblick auf das Duell mit dem ETV Hamburg am Folgetag.
Neuzugänge fügen sich in erstem Pflichtspiel sehr gut ein
Neben den etablierten Kräften um MVP Pauline Kemper, Chrissi Werner, Alina Stäbler und die gewohnt bärenstarke Frauke Neuhaus konnten auch einige Neuzugänge in ihrem ersten Pflichtspiel glänzen. Zuspielerin Julie Teso, die im Testspiel am vergangenen Samstag noch mit Kniebeschwerden früh ausgewechselt werden musste, legte in Essen ein starkes Debüt hin und überzeugte neben ihrer klugen Spielverlagerung auch mit mehreren messerscharfen Aufschlägen. Mittelblockerin Britta Schammer stellte nicht nur einen zuverlässigen Block, sondern konnte sich auch mehrfach gewinnbringend ins Angriffsspiel einschalten und erzielte unter anderem den 25. Punkt im 4. Satz, welcher Flacht den Tie Break bescherte. Trotz im Verhältnis zu den anderen Neulingen geringerer Einsatzzeit konnte auch Sara Marjanović ihre Stärken einbringen und andeuten, dass auch sie eine Verstärkung für das Team sein wird. Hanne Binkau bestätigte den Eindruck des Testspiels und zeigte vor dem Duell mit ihrem Ex-Verein ihre ganze Ruhe und Spielintelligenz auf dem Feld. Die neuen Mitgliederinnen des Teams scheinen also angekommen zu sein, sowohl die Leistung als auch das Teamgefüge lassen sich sehen. Den ersten Härtetest zum Auftakt hat Flacht also bestanden und den in der Vorsaison so heimstarken Allbau Volleys die erste Niederlage auf heimischem Boden seit dem 26.11.2023 gegen den späteren Meister aus Erfurt verpasst. Mit breiter Brust konnten die Damen somit in das zweite Spiel des Auftaktwochenendes gehen.
Flacht in Hamburg gefordert
Sonntagnachmittag hieß es dann Aufschlag in der Sporthalle Hoheluft im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel. Der dort beheimatete Eimsbütteler TV hatte ebenfalls bereits am Vortag seine Saison eröffnet. Genau wie die Binder Blaubären mussten die Nordlichter über die volle Distanz gehen. Anders als das Team aus dem Heckengäu musste man sich den Gästen NawaRo Straubing jedoch mit 2:3 geschlagen geben.
Starker Beginn – starke Antwort
Den Schwung aus dem Auftaktsieg am Vorabend konnten die Blaubären auch direkt mitnehmen. Mit 25:15 sicherte sich Nico Reineckes Mannschaft überzeugend den ersten Satzgewinn und legte im zweiten Spiel des Wochenendes direkt vor. Im zweiten Satz drehten dann die Hausdamen den Spieß um, ebenfalls 25:15 für die Roten und damit der 1:1 Ausgleich. Ein nicht unwichtiger Satz, wie sich später zeigen würde.
Flachter Moral besteht
Aber wie bereits gegen Essen hatte Flacht wieder die passende Antwort parat. Obwohl Hamburg lange die Nase vorn hatte, kämpften sich die Binder Blaubären zurück und sicherten sich mit 25:22 den Satzgewinn. Die 2:1 Führung bedeutete damit direkt den nächsten sicheren Punkt für den TSV und die Chance, den Dreier im vierten Satz einzutüten. Und diese Chance wusste das Team aus dem Süden zu nutzen. Früh im Satz ging die Mannschaft um Kapitänin Julia Cedeño in Front und wusste diesen Vorsprung lange zu behaupten. Kurz vor Ende ging dann Hamburg mit 2 Punkten in Führung (16:14, 17:15), aber davon ließen sich Nico Reineckes Blaubären nicht verunsichern. Nach einem fulminanten Schlussspurt war es schließlich die Kapitänin, welche den entscheidenden Ball zum 25:20 versenkte und den wie so oft von lautstarken Fans begleiteten TSV-Damen damit die 3 Punkte sicherte.
Frauke Neuhaus schreibt ihre Geschichte weiter
Immer wieder brillant von Flachts neuer Zuspielerin Julie Teso in Szene gesetzt war Frauke Neuhaus von den Hamburgerinnen über weite Strecken kaum zu verteidigen. ETV-Trainer Holger Schlawitz wählte die 31-Jährige wenig überraschend zur MVP auf Seiten der Binder Blaubären. Für die Nummer 11 geht damit eine Erfolgsgeschichte aus der vergangenen Saison weiter. Ihre erste MVP-Medaille der neuen Saison ist bereits die 14. in ihrer Zweitliga-Pro-Laufbahn. Seit Gründung der 2. Bundesliga Frauen Pro ist keine Spielerin so häufig als beste Akteurin ihres Teams ausgezeichnet worden. Mit ihrer insgesamt 7. goldenen Auszeichnung schließt sie damit zu Straubing-Kapitänin Valbona Ismaili auf und liegt im historischen Ranking nur noch eine Medaille hinter Rekordhalterin Lara Darowski (8 Goldmedaillen für Erfurt). Die Diagonalangreiferin äußerte sich im Nachgang verständlicherweise gut gelaunt: „Wir waren ein klein bisschen frustriert, dass wir gestern einen Punkt liegen gelassen haben und wollten das heute besser machen! Das haben wir geschafft und jetzt gibt’s ne Busparty mit 5 Punkten im Gepäck!“
Matchplan geht auf – Trainer äußert sich zufrieden
Auch Trainer Nico Reinecke lobte die Leistung seiner Schützlinge: „Wir haben unseren Plan gegen Hamburg gut umgesetzt. Vor dem Spiel haben wir über unsere Fehler gegen Essen gesprochen. Beides konnten wir gut umsetzen bzw. vermeiden. Durch unsere druckvollen Aufschläge konnten wir Hamburg dazu bringen nicht über ihre starken Mittelblockerinnen zu spielen. Das hat in großen Teilen gut funktioniert bis auf den zweiten Satz, wo wir unsere Taktik nicht so umsetzen konnten“, lobte der Coach die Umsetzung seiner Mannschaft. Zusammenfassend fiel sein Fazit dementsprechend positiv aus: „Insgesamt bin ich zufrieden mit der Leistung, vor allem weil wir in der letzten Saison sonntags teils mehr Probleme hatten. Wir sind überglücklich mit fast der kompletten Punkteausbeute nach diesem anstrengenden Wochenende wieder zurückzukommen und freuen uns auf unser 1. Heimspiel nächste Woche“. Neuzugang Hanne Binkau, die wie schon gegen Essen auch gegen ihren ehemaligen Verein eine starke Leistung ablieferte, ordnete die eigene Gefühlswelt nach Spielende ein: „Es war toll wieder in die alte Heimat zurückzukommen. Das alte Team, die Begrüßung in der Halle und das gewohnte Umfeld wiederzusehen, war richtig schön.“ Angesprochen auf die Vorzüge ihrer Vergangenheit beim Gegner fügte sie an: „Spielerinnen, die neu auf das Feld kommen, direkt einschätzen zu können, war sehr von Vorteil.“
Flacht verpasst Tabellenführung
Während Hamburg damit die zweite Niederlage im zweiten Saisonspiel einstreichen muss, kehren die Binder Blaubären ungeschlagen mit 5 Punkten im Gepäck aus dem Norden zurück. Aus dem Osten kehren derweil die Skurios Volleys Borken zurück, die wie die Blaubären mit zwei Auswärtssiegen in die Saison starten. Auch sie bringen 5 Punkte von der Reise mit (3:2 in Grimma, 3:0 in Dresden). Da sich der ETV Hamburg jedoch einen Satz gegen die Damen aus Flacht sichern konnte, verpasst das Team damit den vorläufigen Sprung an die Tabellenspitze und muss Borken den Vortritt lassen. Als Zweitplatzierte empfangen die Blaubären am kommenden Samstag den VfL Oythe, die sich im Aufsteiger-Duell gegen Berlin mit 3:1 den ersten Heimsieg der Saison sicherten. Den wollen sich auch die Blaubären am nächsten Wochenende holen. Wir gratulieren unseren Binder Blaubären zu diesem fabelhaften Saisonstart und haben große Lust auf mehr!
Text: Flemming Nave
Foto: Justus Stegemann