Die Blaubären im Volleyball-Stresstest

Dezember 16, 2023

Der TSV Flacht muss in der Zweiten Liga Pro beim letztjährigen Meister TV Dingolfing ran – und bereitet sich mit speziellen Übungen vor. 

von Jürgen Kemner

Die Karten sind verteilt. Hier der TV Dingolfing, der vergangene Saison Meister der zweiten Liga Süd wurde, dort die Binder Blaubären Flacht, die per Wildcard in die zweithöchste Liga gerückt sind. Bayerischer Favorit empfängt schwäbischen Außenseiter an diesem Sonntag (15 Uhr). „Wir wollen Dingolfing ein wenig ärgern“, sagt Blaubären-Coach Nico Reinecke, „wenn uns das etwas gelingt holen wir einen Punkt, wenn uns das besser gelingt zwei.“ Punkte sind überlebenswichtig im Kampf gegen den Abstieg, die Partien des TSV (drei Siege, sechs Niederlagen) haben gezeigt: Wenn die Frauen ihre Bestleistung abrufen, können sie fast jedes Team besiegen, lediglich die in zehn Partie ungeschlagene Truppe von Schwarz-Weiß Erfurt scheint eine Übermannschaft zu sein. „Jede Spielerin von uns besitzt Zweitliga-Niveau. Unser Problem ist aber“, betont Reinecke, „wir rufen diese Topleistung nicht konstant genug ab.“ Diese Schwankungen treten mal von Spiel zu Spiel auf oder auch innerhalb einer Begegnung. Der Cheftrainer hat den Volleyballerinnen einen Stresstest verordnet, um Druck aufzubauen und Spielsituationen zu simulieren. Kurz gesagt: Die normale Spielroutine soll unterbrochen werden, damit das Gehirn lernt, auch unter Stress die richtigen Entscheidungen zu treffen. „Wir wollen das Team an den Rand der Überforderung bringen“, erklärt Reinecke. Eine Variante: Es spielen auf einer Spielfeldhälfte drei gegen drei – jede Spielerin hat ein farbiges Armband und eine Rückennummer. Wird der Ball auf eine Position geschlagen, müssen Name, Nummer und Farbe der Spielerin gerufen werden. Die Positionen ändern sich nach jedem Spielzug, was die Aufgabe erschwert, weil Routinen durchbrochen werden. Es geht um mehr als lediglich darum, den längst in Fleisch und Blut übergegangenen Spielablauf zu wiederholen. Das Gehirn muss mitdenken – die Situation ist vergleichbar, als fordert man einen Rechtshänder auf, die Zähne mit der linken Hand (sauber!) zu putzen und dabei auf einem Bein zu stehen. „So wollen wir mehr Qualität in unser Spiel bringen“, sagt Reinecke.

In einer anderen Übung geht es sechs gegen sechs, dabei dürfen manche Bälle frei gespielt werden, andere müssen nach exakten Vorgaben verarbeitet werden. Mitunter gibt es sogenannte Wenn-Dann-Situationen, das bedeutet: Wird der Ball auf eine bestimmte Art oder auf eine bestimmte Position gespielt, muss zwingend eine vorher festgelegte Aktion folgen. Oder: Um Druck zu simulieren, muss der Ball bei 50 Versuchen in einer knapp bemessenen Zeit mindestens 30-mal eine kleine Fläche treffen. „Der Druck im Spiel kann zwar nicht zu 100 Prozent simuliert werden“, sagt der Chefcoach, „aber so schafft man eine ähnliche Situation.“ In Dingolfing wird sich zeigen, wie multifunktional die Blaubären sind und wie sehr sie ihre Gegnerinnen ärgern können.

Foto: Andreas Gorr

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